Am Freitag folgten neun Omas und Opas der schriftlichen Einladung (die Briefform wurde im Deutschunterricht geübt!), die Lerngruppe zu besuchen, um von früher zu erzählen. Vorangegangen waren Stunden, die die Schüler/Innen auf die Zeit der letzten 150 Jahre einstimmten. Mit zirka sechzig Fragen wurden die Gäste bestürmt und sie standen Rede und Antwort.
Die weiteste Anfahrt hatten Oma und Opa Meyer von Mika. Sie reisten von Essen aus dem Ruhrgebiet an. Viele kamen aus Birten und kannten sich z.T. schon aus der Kinderzeit, z.B. Pauls Opa Herr Thissen, Nils Großeltern Herr und Frau Rynders und Maras Großeltern Herr und Frau Terhorst. Bens Oma Frau Dietz wohnt nun in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Terhorsts und Momos Oma wohnt nun in Momos Haus in Birten.
Sie, Frau Siebert, war wohl die älteste Besucherin und erzählte, dass sie keine Schule besucht habe. Da staunten die Kinder. Ganz schnell folgte die Erklärung. Frau Siebert war mit ihren Eltern auf einem Flussschiff unterwegs und wurde von ihrer Mutter unterrichtet. .Das ging nicht immer reibungslos von der Bühne. Interessanter waren die naturkundlichen „Stunden“ beim Vater, der immer viel zu den Orten und Gegenden, an die sie vorbeischifften, zu erzählen und erklären wusste. An Land musste sie manchmal nur für ein oder zwei Tage die dortige Schule besuchen. Es existiert noch ein Zeugnisheft, welches dokumentiert, dass sie in 36 Schulen war. Schipperte sie mal nicht mit ihren Eltern, gab es ein festes zu Hause in Duisburg. Dort hatte sie auch Spielkameraden zum Spielen.
Interessant war der Vergleich zwischen Stadt und Land. Da gab es einige Unterschiede. Aber alle stellten fest: die Familien waren meist kinderreich, wohnten in engen Verhältnissen, lebten bescheiden, aber einigten sich auf eine schöne Kindheit. Anziehsachen der Älteren mussten die jüngeren Geschwister auftragen. Alle kannten die Suppe am Samstag, den Fischtag am Freitag, den regelmäßigen Möhreneintopf in der Woche.
Das Spielen auf der Straße mit Bällen, Seilchen, Hinkelfeldern und Murmeln war auch allen bekannt. Opa Rynders wusste, dass es nicht selbstverständlich war einen Lederball zu haben. Entweder spielte man auch Fußball mit einem leichten kleinen Handball, er hat aber auch mit einem Fußball gespielt, der aus Stoffresten zusammen geknüddelt und zu einem Ball gepresst war. Hauptsache: spielen, – und das meist auf der Straße oder auf dem Hof. Man trommelte die Kinder der Nachbarschaft zusammen zum: “Kommste spielen“ auch wenn man nachher nur herumstreunte.
Alle kannten das Fasten in der Fastenzeit. Süßes wurde anschließend an arme Familien oder in ein Kinderheim verschenkt.
Oma Dietz war so froh, dass viele Erzählungen mit den anderen übereinstimmten. Sie unterhält sich öfter mit ihrem Enkel über die Zeit von früher und oft muss sie hören: „Oma, das glaub ich nicht!“
Die Schule erlebten alle als einen Ort, wo man mit Disziplin, Ordnung, manchmal Strafarbeiten und Stillsitzen! vieles Lernen konnte. Es gab nicht so viele Arbeitsmaterialien, wie die Schüler das heute haben. Man brauchte nicht so viele Hefte, weil im ersten Schuljahr die Übungen auf die kleine Schiefertafel mit einem Griffel geschrieben, und dann immer wieder weggewischt wurden. Meist hing eine Landkarte im Klassenzimmer. Im Kunstunterricht gab es Buntstifte und einen Zeichenblock, später kam dann der Malkasten hinzu.
Der Schulweg auf dem Lande war oft lang, da gab es keine Schulbusse. Klassenübergreifende Lerngruppe kannten die Schüler schon damals. Die Volksschule ging bis zum achten Schuljahr. Einige gingen im fünften Schuljahr aufs Gymnasium. Mikas Opa hat ein Internat besucht, das war eine Schule mit einem Wohnheim für Schüler und es war üblich, dass er erst nach einigen Wochen seine Eltern besuchen durfte. In den Ferien war er zu Hause.
Frau Siebert appellierte an die Schüler, dass im Nachhinein ihr klar wurde, wie wichtig dieses Stillsitzen und disziplinierte Lernen war. Die Konzentration war sehr hoch und dadurch konnten sich die Schüler viel mehr merken. Manches kann man heute noch abfragen, z. B die Einmaleins-Reihen, schnelles Kopfrechnen, Gedichte, …
Die Zeit verging sehr schnell, okay, die Schüler wirkten erschlagen nach so viel Informationen, aber unsere Gäste freuten sich, dass sie bis zum Schulschluss bleiben durften. Es waren zwei bereichernde Stunden für Jung und Alt.
Danke!, sagt die Lerngruppe mit Frau Davids